Kapitel 2: Das Flugzeug erreichte New York. Malea wurde von der leisen Stimme einer Frau geweckt, die eine Flasche Wasser bestellte. Sie setzte sich auf und zog das Rollo vor dem Fenster auf. Überall sah sie Dächer und Hochhäuser und leuchtende Schilder. Als sie sich wieder umdrehte, sah sie in Mr.Comys lächelndes Gesicht. "Es ist eine tolle Stadt, oder? Wir können auch noch in New York bleiben und ich zeige euch dann die großen Gebäude." Er legte Malea einen Arm um die Schultern. "Clarissa hatte mich auch nach dem Empire State Building gefragt und ob wir das besuchen können." Malea nickte. "Ich würde mir die berühmten Gebäude gerne anschauen. Aber ich möchte auf jeden Fall die Freiheitsstatue sehen. Jetzt, wo Clari und ich frei sind..." Sie grinste. Clarissa war inzwischen aufgewacht. Die Ansage aus den Lautsprechern verkündete, dass die Fluggäste nun die Gurte lösen und ihr Handgepäck aus den Fächern holen dürfen. Ein Steward hob Maleas Umhängetasche aus der Ablage, reichte Mr.Comy die restlichen Gepäckstücke und öffnete dann die Flugzeugtür. Eine steile Stahltreppe führte auf die weite Fläche des Flughafens. Malea atmete tief ein und stieg dann die Treppe hinab. Unten angekommen wartete sie auf Mr.Comy und Clarissa. Clarissa war noch so schläfrig, dass Mr.Comy sie tragen musste. Schnell nahm Malea ihm eine Tasche ab und hängte sie sich über die Schulter. "Wir müssen auf die Koffer warten gehen", meinte Mr.Comy. Sie überquerten den Flugplatz und betraten eine große Halle, in der die Koffer auf einem langen runden Fließband im Kreis fuhren. Als Malea ihren erkannte, rannte sie zum Fließband. Sie zog den Koffer zu Mr.Comy zurück und übernahm Clarissa. Dann suchte Mr.Comy das Fließband nach den übrigen beiden Koffern ab und als er sie entdeckte, beeilte er sich, sie zu den Mädchen zurückzubringen. "Jetzt können wir gleich gehen." Nachdem sie wieder eine große Halle durchquert hatten, erreichten sie den Ausgang des Flughafens. Mr.Comy bestellte ein Taxi. "Das Auto, mit dem ich euch in Deutschland gefahren habe, konnte ich nicht mit hierher nehmen. Mein zweites Auto steht etwas entfernt von hier." Nach der kurzen Taxifahrt war auch Clarissa endgültig wach. Sie jammerte, dass sie Hunger habe und Durst und dass sie gerne etwas essen will. Also gingen sie in ein Restaurant zum Frühstücken. Erst als sie die Speisekarte las, merkte Malea, wie hungrig sie war. Sie vertilgte drei Portionen Rührei und ein Croissant. Nach dem Frühstück machten sich die drei auf den Weg zum Empire State Building, diesmal mit Mr.Comys eigenem Auto. Es war groß und schwarz. Die Sitze waren mit Leder überzogen und es roch nach Tabak und Kakao. Clarissa schmiegte sich in den Rücksitz und lugte aus dem Fenster. Überall waren Leute und Autos. Mr.Comy erzählte den Mädchen von seinem Zuhause und von seinen Tieren. Eine Familie erwähnte er nicht. Malea fragte nicht nach. Möglicherweise hat er seine Frau ja verloren, also ließ Malea das Thema links liegen. Umso mehr fragte sie aber nach der Umgebung von Mr.Comys Haus. "Gibt es da auch die riesigen Bäume wie in den Filmen?" Mr.Comy lachte. "Ja, es gibt sehr viele Bäume bei mir zuhause. Weil ich die Natur sehr gerne mag, habe ich mein Haus nicht ganz in der Stadtmitte bauen lassen, sondern eher etwas abgelegen." Am Empire State Building stiegen sie aus, fuhren mit dem Auzug nach oben und schauten auf die Stadt herab. Malea fühlte sich vollkommen frei und überlegen. "Noch nie war ich so weit oben", meinte sie, als sie sich wieder den anderen beiden zuwandt. "Deshalb will ich gerne klettern. Dann ist man immer weit oben und kann auf alles andere hinabschauen. Das gefällt mir..." Sie schaute verträumt in den Himmel. Mr.Comy drückte sie leicht an sich. "Ich kann dich verstehen. Das ging mir früher auch immer so. Durch das Klettern habe ich mal etwas Tolles herausgefunden. Schade, dass ich jetzt zu alt dafür werde..." Er lächelte traurig. Clarissa beschäftigte sich mit dem Hund einer alten Dame, sie quietschte vergnügt, als der kleine Terrier ihr die Hand leckte. Nachdem sie wieder mehrere hundert Stockwerke mit dem Aufzug runtergefahren waren, fuhren sie zu einem großen Einkaufscenter. Malea staunte nicht schlecht, als sie die ganzen Kleider und Schuhe sah, die reihenweise zum Verkauf ausgestellt waren. Mr.Comy bemerkte ihren Blick. "Ihr dürft euch jetzt Kleider aussuchen. Ich habe genug Geld, bedient euch ruhig. Ich wette, ihr wart schon lange nicht mehr einkaufen gewesen." Er grinste. Sofort stürmten Malea und Clari los und kamen schon nach einer halben Stunde mit den Armen voller Kleider zurück. Mr.Comy ging damit zur Kasse und bezahlte, während die Mädchen wieder losliefen, um noch mehr Kleider auszusuchen. Es wurde ein langer Tag im Einkaufscenter, aber jeder, auch Mr.Comy, hatte seinen Spaß. *** Nachdem sie insgesamt fünf große Taschen voll Kleider gekauft hatten, machten sich Mr.Comy, Malea und Clari auf den Weg nach Hause. Malea platzte fast vor Vorfreude, sie wollte unbedingt das Haus kennenlernen. Dann würde sie sich ein Zimmer aussuchen, die Einrichtung planen und schließlich draußen klettern. Mr.Comy bemerkte ihre Aufregung und lächelte belustigt. "Du scheinst dich ja ziemlich auf dein neues Zuhause zu freuen!", meinte er fröhlich. Malea erwiderte sein Lächeln. Als sie am Auto ankamen, lud Mr.Comy die Einkaufstaschen in den Kofferraum und die Mädchen setzten sich auf die Rückbank. Malea kuschelte sich in die weichen Ledersitze und atmete tief den Kakao-Tabak-Duft ein, den sie schon bei ihrer ersten Fahrt in Mr.Comys Auto so mochte. "Clari? Sollen wir daheim gemeinsam unsere Zimmereinrichtungen planen?", fragte sie nach einer Weile. Clarissa überlegte kurz und meinte dann "Aber nur, wenn du dir Mühe gibst, mir zu helfen. Okay, Lea?" Malea war irritiert, dass Clari sich einen Spitznamen für sie überlegt hatte. Aber da sie selbst Clari auch meistens beim Spitznamen nannte, antwortete sie nur "Klar geb ich mir Mühe. Du bist ja jetzt meine Schwester." Das machte Clari froh. Sie streckte Malea kurz die Zunge raus, dann rutschte sie auf der Rückbank zu ihr rüber und umarmte sie fest. Malea erwiderte die Umarmung zärtlich und wuschelte Clari dann durch die hellbraunen Löckchen. Die Fahrt verging wie im Flug und schon bald öffnete Mr.Comy die Autotür. "Na ihr, ich dachte schon, ihr wärt eingeschlafen. Wir sind jetzt in eurem neuen Zuhause." Sofort war Clari aufgesprungen und quetschte sich an Maleas Beinen hinaus ins Freie. "Komm, Lea! Es ist traumhaft schön!" Sie drehte sich ungefähr fünfmal um sich selbst, bevor sie sich kichernd ins Gras fallen ließ. Auch Malea war mittlerweile ausgestiegen und das, was sie jetzt sah, übertraf weit ihre Erwartungen. Die erhofften Bäume waren gigantischer als in jedem Film und die Farben der Stämme und Blätter waren viel lebendiger und wirklicher, als sie sich es hätte vorstellen können. Ein Baum zog Malea besonders an. Es war eine riesige Buche mit hellgrünen Blättern und einem makellos glatten Stamm. Malea lief langsam um die Buche herum. Die Anordnung der Äste ließ sie innehalten. Sie waren wie eine Wendeltreppe ohne Geländer am Stamm angeordnet. Vorher hatte man das durch die dichten Blätter kaum sehen können, aber sobald man unter der mächtigen Buche stand, konnte man klar erkennen, das dieser Baum etwas Besonderes war. Clari und Mr.Comy waren inzwischen ins Haus gegangen, aber Malea blieb am Baum stehen. Andächtig fuhr sie mit den Fingerspitzen über die Baumrinde. Mond? Dieser Baum ist toll, oder? Ich möchte raufklettern. Sie griff nach einem dünnen Zweig und zog sich vorsichtig zum ersten festen Ast. Dann ging der Aufstieg dank der eigenartigen Äste sehr schnell. Nach kaum fünf Minuten war Malea in der Spitze des Baumes angelangt. Es roch nach Wald und das Licht der Mittagssonne schien grün durch die Blätter. Ein langer Ast ragte aus dem Blätterdach hinaus. Neugier schoss durch Maleas Kopf und waghalsig setzte sie einen Fuß auf den Ast. Als sie merkte, dass er völlig stabil war, balancierte sie einige Schritte weiter. Neben ihrer rechten Hand verlief waagerecht ein gerader Ast einer Birke. Malea hielt sich daran fest und machte aber dann den Fehler, hinunterzusehen. Ihre Knie wurden weich und sie drehte sich schnell um, um wieder hinabzusteigen. Doch das, was sie jetzt sah, war alles andere als erwartet. Der Himmel war dunkelblau und voller Sterne. Das Haus und die Straße waren verschwunden. Träume ich? Oder bin ich vielleicht abgestürzt und tot? Mond, wo bist du? Panisch drehte sie sich wieder um und nun war auch der Himmel vor ihr, der vorher noch hell war, dunkelblau. Malea schaute auf und sah den Mond, der voll und leuchtend über ihr stand. Sein Anblick beruhigte Malea etwas. Trotzdem lief sie den Ast entlang zurück zum Stamm und kletterte die treppenähnlichen Äste wieder hinunter. Unten angekommen hielt sie Ausschau nach Mr.Comys Haus, doch weit und breit war nirgendwo etwas von einem Haus zu sehen. Ein Knacken ließ Malea erschreckt aufhorchen. Schnell drehte sie sich um und suchte die Bäume und Wiesen nach der Ursache des Geräusches ab. Wahrscheinlich werde ich noch verückt! Ich träume ja nur. Nachher wache ich auf und sitze in der Krone der Buche... falls ich nicht runtergefallen bin. Sie lief einige Schritte in Richtung Wiese, wo eigentlich das Haus stehen sollte. Nach einiger Zeit wurde Malea müde. Sie legte sich auf die Wiese und bettete den Kopf auf einen dunklegrauen Stein. Der Stein ist aber dunkel... Was dann passierte, war mehr als komisch. Der Stein fing an zu schimpfen. "Was denkste du dir, dich auf mich drauf zu legen? Das ist ja unverschämt. Ich wollte schlafen!" Erschrocken schrie Malea auf. "Wer bist du? Und wo bist du?" Die Antwort bekam sie, als sich der Stein plötzlich umdrehte und sie in das dunkle Gesicht einer Katze schaute. Die Augen der Katze waren von einem hellen Grau, fast weiß, aber zum Rand hin und um die Pupille herum hatten sie die Farbe des Nachthimmels. Die Katze schaute Malea eine Weile lang an, bevor sie sich aufrappelte und sich einige Schritte von Malea entfernt in die Wiese setzte. "Ich bin Lune und wie du siehst, bin ich hier." Sie legte den Kopf leicht schief und musterte Malea eindringlich. "Aber was viel entscheidender ist, wer bist du? Und vor allem was bist du? Wo ist dein Fell?" Auf diese letzte Frage konnte Malea nicht antworten. "Ich bin Malea, meine Schwester nennt mich Lea. Ich weiß nicht, wie ich hierher gekommen bin. Und ich bin ein Mensch. Ich vermute, der erste, den du bisher gesehen hast." Als sie merkte, dass sie mit einer Katze sprach, stutzte sie. "Moment, spreche ich gerade mit einer Katze???" Die Antwort war ein unverständlicher Blick von der Katze gegenüber. "Was ist eine Katze?" Lune kam langsam näher und schnupperte vorsichtig an Maleas Hose. "Also, Lea, du riechst fremd. Ich gehe davon aus, dass du erst seit kurzer Zeit hier weilst?" Sie setzte sich kerzengerade ins Gras und schlang den Schwanz um ihre zierlichen Pfoten. Erst jetzt fiel Malea der weiße Fleck auf Lunes Brust auf. Beim genauen Hinsehen erkannte Malea die Form einer Mondsichel. "He Lea! Man glotzt jungen Damen nicht auf die Brust. In entfernter Bedeutung." Sie mussten lachen und schon bald hatte sich die Spannung zwischen ihnen gelöst. Sie plauderten und kicherten bis sie von Maleas Gähnen unterbrochen wurden. "Tut mir leid. Ich fürche, ich war einfach zu lange auf." Malea schüttelte sich kurz und schaute sich um. "Wo soll ich denn schlafen? Ich friere mir ja hier den Arsch ab." Lune grinste belustigt, dann stand sie auf und stolzierte langsam in Richtung einer Baumgruppe davon. "Kommst du, Lea? Ich bringe dich zu mir nach Hause." Malea war verblüfft. Katzen haben ein Haus? Oder war damit etwas anderes gemeint? Und Lune konnte grinsen? Sie lief eilig hinter Lune her. Den Rest der Nacht bekam Malea nicht mehr wirklich mit. Sie merkte nur noch, wie viele Katzen sie beschnupperten und sie dann unter einem Baum mit einer Decke... Decke??? zudeckten. Kurz darauf war sie endgültig eingeschlafen.
Hey ihr,
danke für die netten Kommis.
Ich hoffe ja sehr, dass es irgendwann mal verlegt wird. Problem ist leider, dass viele Verläge keine Geschichten von jungen Autoren (klingt übelst arrogant, also sag ich lieber Schreiberinnen) annehmen. Hoffe aber, dass sich das bald ändert. Ich sag dann sofort bescheid ^^
lg Schnucki